Freitag, August 10, 2018

Leben und Sterben

Ich tummle mich zunehmend zwischen den Leserkommentaren, ein attraktives feature, das die WeLTonline anbietet.
Heute bekräftigte und begründete Professor Ezekiel Emanuel, Onkologe und Bioethiker, im Interview seine Aussage, nicht älter als 75 Jahre alt werden zu wollen. Hier nachzulesen.
Das hat mich angeregt, über meine Haltung zu meinem Alter nachzudenken.


Ich bin 80 und bilde mir ein, fit zu sein. Ohne ein Endalter für mich zu definieren, habe ich mich in Sachen Gesundheitsfragen ähnlich verhalten, wie Ezekiel Emanuel. 

Meine Grundeinstellung war und ist anhaltend auf den Punkt gebracht: Gesund sein ist normal. 

Folglich keine Vorsorgeuntersuchungen, kein auf das Erhalten meiner Gesundheit gerichtete Lebensführung, sondern ein Leben ohne Exzesse orientiert an meinen Bedürfnissen, an meinem Wohlgefühl. Bis zum 47. Lebensjahr 40 - 60 Zigaretten am Tag, dann aufgehört, weil es mich geärgert hat, dass mich die Sucht im Griff hatte. Zum Arzt nur, als ich mein Bein gebrochen hatte. Alle üblichen Wehwehs von Grippe bis Windpocken, mit denen ich mich bei meinen Kindern angesteckt hatte, und alles dazwischen habe ich ohne Arzt mit Hausmittelchen zu Hause erledigt. Kein angeblich Lebensfreude und -Zeit verlängernder Sport, kein Fitnessstudio, keine Wassergymnastik. 😁

Heute, mit 80, bin ich mir klar darüber, dass ich in die ‚natürliche Todeszone' eingetreten bin. Hinter mir liegt ein langes, harmonisches Leben - fast 45 Jahre mit der gleichen Frau verheiratet, 3 'gelungene' Kinder und ein erfülltes und weitestgehend selbstbestimmtes, beruflichen Leben. 

Ich bemerke das Nachlassen meiner Fähigkeiten: die körperliche Beweglichkeit nimmt ab und die Geschicklichkeit. Meine Auffassungsgabe lässt nach. Wenn ich meinen Kindern, voll im Saft stehend, zuschaue, erkenne ich das im Vergleich. 

Mein Glück ist es, dass mich eine selbst gewählte, ernsthafte, berufliche Aufgabe anhaltend fordert und zwingt, meine Erfahrungen mit dem Zeitgeist zu verbinden. 

Irgendwann läuft mein Leben aus - ich hoffe ohne Belästigung meiner Frau und meiner Kinder und tunlichst schmerzfrei. Lebensverlängerung - nein danke. Ich hatte ein tolles Leben - besser wird‘s nicht. 

Nach einem eigenverantwortlich und gemeinschaftsdienlichen Leben erwarte ich von der Regierung das Recht auf eine wohlschmeckende Medizin, die ich einnehmen kann, wenn ich nicht mehr aufwachen will, um gegebenenfalls nicht gezwungen zu sein aus dem Fenster zu springen oder mich vor den Zug zu werfen.

Das ist human - nicht die derzeit von Politikern und selbsternannten Ethik-Gurus als verantwortlich beschlossene Entmündigung des Individuums, wenn es auf das Ende zugeht. Dieses Recht über mein Ende zu bestimmen, habe ich ihnen nicht erteilt.

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