Samstag, Februar 13, 2010

FDP-Schelte: Politisches Duckmäusertum

Ja, ich habe FDP gewählt! Nicht wegen Herrn Westerwelle oder Herrn Niebel. Und ich würde die FDP heute wieder wählen - sozusagen jetzt erst recht!

Meine eher recht linkslastige Tageszeitung hat die Passagen der Rede von Guido Westerwelle wörtlich abgedruckt und nun verstehe ich den Aufschrei von Grün über SPD über die Linke bis echoartig hinein in alle Sozialverbände! Es ist nämlich so, dass er völlig Recht hat mit seinen Feststellungen und die Schreihälse sich in ihren Trutzburgen bedroht fühlen - aber lies selbst:

Es scheint in Deutschland nur noch Bezieher von Steuergeld zu geben, aber niemanden, der das alles erarbeitet. Empfänger sind in aller Munde, doch die, die alles bezahlen, finden kaum Beachtung.

Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.
In vielen aufstrebenden Gesellschaften anderenorts auf der Welt wird hart gearbeitet, damit die Kinder es einmal besser haben. Bei uns dagegen wird Leistung schon im Bildungssystem gering geschätzt: Wir debattieren Einheitsschulen und das Ende der Notengebung. Dabei muss doch gerade die Jugend lernen, dass Leistung keine Körperverletzung ist.
Zu lange haben wir in Deutschland die Verteilung optimiert und darüber vergessen, wo der Wohlstand herkommt.

Leistungsgerechtigkeit ist mehr als Steuertechnik - Leistungsgerechtigkeit ist ein Gesellschaftsbild. Bei fairen Steuern genau wie bei Aufstiegschancen durch ein durchlässiges Bildungssystem muss die Mitte unserer Gesellschaft wieder in den Mittelpunkt der Politik rücken. Dieses Umsteuern ist für mich Kern der geistig-politischen Wende, die ich nach der Diskussion über die Karlsruher Entscheidung (über Hartz IV) für nötiger halte, denn je.

Von meiner Kommentierung dieser Debatte habe ich keine Silbe zurück zu nehmen.

Wenn man in Deutschland schon dafür angegriffen wird, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben muss, als derjenige, der nicht arbeitet, dann ist das geistiger Sozialismus.
Wer arbeitet darf nicht mehr und mehr zum Deppen der Nation gemacht werden.

Ich hätte nicht immer seine Worte gewählt - aber in der Sache unterschreibe ich jeden Satz.

Unrecht hat das gewaltige lustvoll von unserer Medienlandschaft fast unisono und reflexartige verstärkte Echo. Empörung ist ein wunderbares Gefühl, sich darin zu suhlen, zumal im Sud einer vorgespielten sozialen Haltung! Aber seine Aussage so zu deuten, dass er den Bedürftigen spätrömische Dekadenz vorwerfe, ist schlichtweg bewusst falsch und wird nicht dadurch richtig, dass es so schön einfach zu behaupten ist. Einfach dreist, nicht der Sache, sondern dem eigenen Fortkommen dienlich.

Und alle stimmen ein - die medialen Claqueure stehen bereit.

Westerwelle hat in ein Wespennest gestochen und die selbst aus Staats-, Partei- und Verbandskassen bestens sich selbst versorgenden, linkslastigen Polit- und Verbandsoberen halten die Versorgung der "Armen" als moralisches Schutzschild vor ihre eigenen Interessen in der Hoffnung, damit eine unangreifbare Position eingenommen zu haben.

Sie sind es, die er angegriffen hat, denen er den Vorwurf macht, sich als Wohltäter zu profilieren, indem sie Steuergelder an Wählerstimmen verschenken, um sich beliebt zu machen. Der Aufschrei zeigt: Er hat viele getroffen.

Und er hat Recht: Wir denken nicht mehr nach über die Grundlagen einer funktionierenden Gesellschaft, sind weit abgedriftet in eine staats- und funktionärsgesteuerte Versorgungsgemeinschaft, wo eine wachsende Gruppe von Wählern sich nicht mehr "strebend bemüht" sondern bessere Versorgung von oben verlangt.

Jede Bewegung bracht ein Feindbild und das ist derzeit die FDP - die Chance mal zuzuhören wird vertan; ist es doch viel einfacher in den Chor  der Hirnlosen einzustimmen und mit zu schwimmen im Strom.

Dabei hat die FDP einen schweren Stand und es bedarf eines erheblichen Rückrats, nicht einzuknicken angesichts der schwindenden Wählerzustimmung und bevorstehender Wahlen in NRW.

Die Gier ist überall und der Versuch, sich zumindest auf unmoralische, wenn nicht widerrechtliche Art zu Lasten des Gemeinwohls zu bereichern. Das ist menschlich, aber nicht akzeptabel in einer funktionierenden Gemeinschaft.

Man ist heute dennoch geneigt, dem Hartz IV-Empfänger in seiner Not die Auswüchse der Unredlichkeit nachzusehen - für die Armen spricht unser aller Mitleidsempfinden.

Der Missbrauch individuellen Gewinnstrebens ist vermutlich bei FDP-Wählern nicht häufigersicher aber wegen der immensen Beträge und des entsprechenden Schadens sichtbarer und vermutlich auch in Summe weitaus größer.

Das verleitet zu einer wohlfeilen Formel, die man der Einfachheit halber mit der FDP verknüpft:

Sie lässt sich vorwärts wie rückwärts lesen: Wer Geld hat, hat es im Zweifel auf krumme Touren anderen weggenommen und wählt FDP - wer FDP wählt ist reich und daher im Zweifel ein erfolgreich gieriger Zeitgenosse.

Und so ist es ein Leichtes und duftet so schön, wenn man die FDP aufspießen und über dem Grill aller weltweiten wirtschaftlichen Übel von Banken-Krise über Steuerhinterziehung bis Neokapitalismus brutzeln lassen kann ohne darauf zu achten, ob die wohlduftenden Abgase der gesellschaftlichen Umwelt dabei einen Langzeitschaden zufügen.

Man argumentiert mit dem Armen, heftet sich das Gutmenschen-Logo sozialer Überzeugung ans Revers und sichert dahinter seine eigenen Interessen und Pfründe von Macht bis Versorgung. Und scheut vor keinem noch so plumpen Argument zurück wie etwa: Für die Banken haben sie - wer? - Milliarden und der armen HARTZ IV-Empfänger muss mit 365 EUR auskommen! Das verkauft!!!!

Aber es bleibt dabei: Nur wer gegen den Strom schwimmt, wird zur Quelle kommen. Zugegeben, ein mühsames Geschäft.