Sonntag, Oktober 16, 2016

Bundespräsidentenkandidaten 2017

Diese Glosse ist zu schön und treffend, um sie nicht zu verbreiten.
Ich habe sie dem Spiegel 42/2016 entnommen.


Gottloses Schloss

Brauchen wir wirklich einen Geistlichen als Bundespräsidenten?
von Elke Schmitter

Das Leben ohne göttlichen Beistand ist schlecht auszuhalten. Kinder missbrauchende Priester, Hass predigende Imame, reaktionäre Popen: Wer im Angesicht solchen Elends sein Heil nicht im Beten sucht, ist verloren. 

Oder auf die Vernunft angewiesen.

Als die SPD vor wenigen Tagen Margot Käßmann für das erste Amt der Republik ins Spiel brachte, wollte sie drei Treffer auf einmal landen: Eine Frau wäre, endlich, an die höchste sichtbare Stelle gerückt. Das Land wäre für eine gewisse Zeit vor neuen Käßmann-Büchern sicher gewesen. Und die cremige religiöse Prosa wäre zur ständigen Staatsrhetorik erhoben worden. Nun hat sich Exbischöfin Käßmann zwar selbst aus dem Rennen genommen, Exbischof Huber hingegen bleibt weiter im Spiel. Und der zu Recht als Intellektueller gerühmte Navid Kermani ist vor allem als moderater Muslim im Gespräch. 

Für viele soll der Nachfolger von Pastor Gauck wohl jemand werden, der gern öffentlich betet.

Wer aber spricht für all diejenigen, die es noch immer für Privatsache halten, ob man das mystische Weltbild diverser alter Hirtenvölker teilt? 

„Die Kultur der Achtsamkeit ist ein Stück weit verloren gegangen“, mahnt uns die gute Frau Käßmann. Bringen wir diese Achtsamkeit doch zurück: mit einem Menschen im Bundespräsidialamt, der in der höchsten Not nicht ein höheres Wesen anruft, sondern die Demokratie. Und, so Gott will, den menschlichen Verstand.

Elke Schmitter