Samstag, Dezember 28, 2013

Kapitalismus I

Demokratische, kapitalistische Gesellschafts-Systeme formen sich nach den Bedürfnissen der Mehrheit der Bürger, sind lernfähig und veränderbar. Sind sie human, liberal und tolerant, dann geben sie Raum für die Lebensform von  Minderheiten.

Auf Ideologien basierende Gesellschafts-Systeme können ex definitione nicht demokratisch, müssen autoritär sein, weil die Bürger nicht nach eigener sondern der Überzeugung Weniger leben sollen, Überzeugungen, deren Wahrheitsanspruch unantastbar zu sein pflegt.

Kapitalismus II

Der Kapitalismus ist und bleibt die erfolgreichste Gesellschaftsform, weil sie im Vergleich mit allen anderen bisher versuchten, den Menschen Raum für die ihnen innewohnenden, naturgesetzlichen Eigenschaften bietet.

Alle sozialutopischen auf Gleichheit basierende Modelle sind gescheitert und werden weiterhin daran scheitern, dass sie der Individualität und dem individuellen Streben des Einzelnen nicht gerecht werden.

In kapitalistisch orientierten Gesellschaften ist es eine Kernaufgabe der Politik, Konsens zu moderieren, d.h. Regeln zu erlassen und durchzusetzen, die die Auswüchse eindämmen, die das Ausleben grenzenlosen Egoismus mit sich bringt. Macht muss durch die Bürger kontrolliert, Rechte und Pflichten gleich und fair geteilt sein.

Derartige, auf Konsens fußende Gesellschaftssysteme müssen sich kontinuierlich in Frage stellen, also demokratische Strukturen aufweisen, die lernfähig und damit veränderbar sind. Fehlt diese Eigenschaft so laufen sie Gefahr zu erstarren und autoritär zu werden. Es ist diese Eigenschaft, die dogmatisch geprägten Systemen fehlt.

Dogmatisch geprägte Gesellschaftsmodelle auf religiöser oder sozialutopischer Basis müssen zwangsläufig immer zu Unterdrückung und letztlich zu diktatorischen Systemen führen, weil Ideologien von der Alleinverbindlichkeit ihrer auf Überzeugungen basierenden Glaubenssätze ausgehen und damit Zwang auf die Bürger, ihr Denken und Verhalten ausüben.

Das widerspricht menschlichem Streben nach Individualität der Lebensgestaltung.

Mittwoch, Dezember 11, 2013

Mediale Verblödung.....

….. oder die schleichende Gefahr für unsere geistige Freiheit und deren Sensoren durch die normative Kraft des Fernsehens. 

Wenn ich die Häuser der Nachbarn sehe oder durch die Neubaugebiete unserer Gemeinde spaziere, kommen mir Zweifel, ob ich in meinem kleinen Haus ohne Sonnenpanele auf dem Giebeldach aus dem Jahre 1958 denn auch ein richtiges Leben führe, denn es entspricht nur sehr eingeschränkt dem Zeitgeist, der geprägt ist durch die Welten, die uns das Fernsehen zeigt.

Nachbarn haben neu gebaut - kubisch mit mit Sonnenkollektoren auf dem Pultdach, gewaltigen bodenreichenden Fenstertüren über die nach Süden gerichtete Wohnfront. Ein phantastisches Haus und statt grünem, fränkischem Vorgarten, wie er bisher hier auf dem Lande so üblich war, ein kunstvoll in weißem Kiesel gestaltetes feng-shui-Entrée mit Schilfbüscheln, positioniert nach fernöstlicher Lehre - vermutlich unterirdisch gewässert, denn Erde gibt’s da keine mehr. Die Doppelgarage - so mein Eindruck - voluminöser als unser Haus, in dem wir drei Kinder groß gezogen und mit ausgewogenem Selbstwertgefühl ins Leben geschickt haben. Fussbodengeheizter Wohnraum mit edlen Terrakotta-Fliesen 60x60cm; Möbel, Nippes und Wände - weiß vorherrschend - zeitgeistgetragen, wie es nur der Innenarchitekt vom Einrichtungshaus hinbringt. An der Wand ein Andy Warhol-Druck mit Marilyn Monroe. Eine Küche mit ausladendem Edelstahlabzug über dem zentralen Herd-Arrangemement - Gas und Elektro in Verbund mit einer japanischer Grillmulde. Von der Beschreibung der weiteren Ausstattung von Dampfgarer bis Lafer-Stab nehme ich Abstand; das wäre abendfüllend und mir fehlen die Fachbegriffe. 
Kostenpunkt: 30 Jahre Sklave der Hypothekendarlehen; 
Nutzen: Die show stimmt.

So weit so vertretbar; das muss man nicht haben, auch wenn es das Ansehen fördert.
Aber muss ich nicht befürchten mangels Teilhabe am allgemeinen gesellschaftlichen Leben gemobbt zu werden, wenn ich offenbare, dass ich noch nicht in den USA und nicht in Neuseeland war, noch keine Kreuzfahrt um Feuerland gemacht und nicht auf den Malediven geschnorchelt habe. 


Wenn ich Menschen frage, was sie denn im Urlaub in fremden Ländern und fremden Kulturen erlebt hätten, erfahre ich, dass das Wetter gut und der Strand sauber waren, der Sequoia Nationalpark beeindruckend, man auf dem Schiff habe unendlich viel essen und trinken können und alles nur x € gekostet habe - all inclusive! Neuerdings könne man die obligatorischen Landgänge auch mit Mountain-Bikes unternehmen, um den Eingeborenen näher kommen zu können. Und im nächsten Jahr werde man Vietnam machen. 
Ich denke Aha! und komme mir mit meinem Südfrankreich schon recht aus der Zeit gefallen vor. 

Vor mir an der Kasse der EDEKA steht eine Frau mit zwei Töchtern, etwa 10 und 12 Jahre alt. Im Wagen eine Trage Yoghourt (Erdbeergeschmack), zwei Kasten Bier unten und 2 Kasten süßes Schlabbergetränk in 1-Liter-Flaschen oben auf gestapelt - schon beim Anschauen könnte man zuckerkrank werden. Auf meine entsprechende Bemerkung erklärte mir die Mutter, dass die Kinder kein Wasser trinken würden - schon gar nicht aus dem Hahn. (Dass ich immer Wasser aus dem Hahn trinke, wenn ich Durst habe, behalte ich für mich, um nich Gefahr zu laufen, als Relikt wahrgenommen zu werden.)

Im Fernsehen erfahre ich, dass Frau, wenn sie attraktiv sein will - und wer will das nicht? - körperhaarlos, täglich geduscht, desodoriert, gesalbt, gestrafft und geschminkt sein müsse - im Bedarfsfall mit Plastikbusen und frisch geschnitzter Nase versehen. Wahre Wundermittel der Kosmetik- und Haarpflege-Industrie dienen der unverzichtbaren Vervollständigung der Schönheit -ins Bild gesetzt von 15-jährigen Models als Beweis für hautstraffende Wirkung über Nacht. Jungs müssen in jedem Fall einen guten body haben und cool drauf sein, was inzwischen eigentlich auch nur noch unter Zuhilfenahme einschlägiger Kosmetikprodukte zu erreichen ist. Tattoos unterstreichen den Körperkult und ohne geht bald gar nicht mehr. (Und ich freue mich alt genug zu sein, um nicht mehr mithalten zu müssen und es zu meiner Zeit genügte, einfach ein Mann zu sein oder die Rolle erfolgreich zu simulieren - nicht anders als heute nur mit weniger Aufwand und gleich zweifelhafter Wirkung.)

Der neue TV-gestilte Mensch liebt erst mal sich und dann kommt lange nichts mehr. Er fühlt sich im Mittelpunkt des Seins und tut alles, um einzigartig zu sein - wirkungsvoll in seiner Einzigartigkeit wahr genommen zu werden in der unendlichen Masse der Einzigartigen, Herausragenden. Das kostet unendlich viel Zeit und Geld, macht unglücklich und unzufrieden, weil es nicht gelingt, die Erwartungen zu erfüllen, die die Vorbilder im Fernsehen uns abverlangen.

Freiheit weil wir das freiwillig tun? Von wegen! Wir merken es nicht, weil wir nicht wissen, was Freiheit ist, weil wir nicht spüren, wie unfrei unser Dasein ist, gefangen in einer Sklaverei im Dienste des Konsums und derer, die daran verdienen: 
 - Wir selbst, die Masse der abhängig Beschäftigten in Form von Lohn und Gehalt im Hamsterrad getrieben auf der Jagd nach einem unerreichbaren Sein,
 - Die Fernsehleute und die Werbewirtschaft als Diener der Einschaltquoten und der Werbewirksamkeit,
 - Der Staat an unseren Einkommen-, Mehrwert- und Konsumsteuern
 - Die Kapitalgeber, die den ganzen Zirkus finanzieren.

Wir sind unfrei im Kopf, versklavt von Bildern, die uns das Fernsehen liefert, süchtig nach Konsum um jeden Preis. Wir sind verführbar und nicht frei, um zu erkennen, dass wir Sklaven sind, Hamster in einem Rad, dessen Energie abgesaugt wird zum unbestimmten Nutzen Dritter. 


Wir merken nichts von unserer geistigen Versklavung. Die Freiheit unserer Entscheidung, das zu tun, was wir für unser Wohlgefühl zuträglich erkannt haben, ist nur dem Anschein nach gegeben.

In Wirklichkeit sind wir unfrei und streben nach einem Leben, das Andere, die daran verdienen, uns als lebenswert suggerieren.

Weiter so!

Dienstag, Dezember 03, 2013

Wir sind das Volk - nicht Funktionäre politischer Parteien!

1,2 Mio Bürger von 80 Millionen sind Mitglieder politischer Parteien.
Rund 0,5 % der wahlberechtigten Bevölkerung sind SPD-Mitglieder.

Sie entscheiden über das Zustandekommen der grossen Koalition. Die Furcht vor deren Votum hat - so ist der deutliche Eindruck - den Tenor des Koalitionsvertrages diktiert.

Da scheint mir so allerhand in Unordnung geraten, wenn man unsere Verfassung als Maß der politischen  Machtverteilung her nimmt. Dort steht unmissverständlich:

Artikel 20
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.

Artikel 38
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen verantwortlich.

Artikel 62
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern.

Artikel 63
Der Bundeskanzler wird ..... vom Bundestag ohne Aussprache gewählt.

Artikel 21 
Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.

Ich fasse zusammen: die Parteien sind keine staatlichen Organe. Man könnte sie eher den ebenfalls grundgesetzlich geschützten Glaubensgemeinschaften zuordnen.
Ihnen steht lediglich Beratungs- man könnte auch sagen: Lobby-Funktion - zu, wenn es darum geht, die politische Meinung zu gesellschaftlichen und politischen Themen zu beeinflussen. 

Das wär's aber auch schon. 

Die Wahl-Bevölkerung hat gesprochen. Die Bundestagsabgeordneten sind gewählt. Ihre vornehmste Aufgabe ist es, in ausschließlicher Verantwortung gegenüber ihrem Gewissen den Bundeskanzler zu wählen. 
Diesem Vorgang vorgeschaltet ist das Suchen und Finden einer mehrheitsfähigen Willensbildung hinsichtlich dessen, was Auftrag der Regierung für die angefangene Legislaturperiode sein soll - Koalitionsverhandlung genannt.

In Wirklichkeit ist es jedoch keineswegs so, dass die von uns gewählten die ausschlaggebenden sind für die Koalitionsverhandlungen. Viel mehr nehmen daran im Wesentlichen die 'Granden' der Parteien teil - um abhängig davon, ob wir, das Volk, Ihnen durch unsere Wahl dazu sein Mandat erteilt haben. 

Weder Herr Seehofer von der CSU, Bayern, noch Herr Steger von der SPD, Schleswig-Holstein, noch Frau Klöckner, Landesvorsitzende CDU Rheinland-Pfalz, (und viele andere mehr), haben ein durch die Bundestagswahl legitimiertes Mandat, das Handeln der Regierung in den kommenden 4 Jahren mit zu bestimmen.

Sie tun es aber, während gleichzeitig die weitgehende Mehrheit derer, die wir gewählt haben, zuschauen dürfen. Massgeblich für die Politik der kommenden 4 Jahre sind also keineswegs die von uns gewählten Abgeordneten, sonder eine Handvoll in ihren jeweiligen Parteien einflussreicher Funktionäre. 

Die wir gar nicht gewählt und nicht beauftragt haben, die grundgesetzlich an dieser Stelle gar nicht vorgesehen sind. 

Das ist Machtergreifung durch die Parteien - so hatten die Väter und Mütter des Grundgesetzes das ganz sicher nicht gedacht.

Und nun noch das: nicht nur, dass ich als Wähler systembedingt gezwungen bin einen Kandidaten zu wählen, der Parteimitglied ist. 

Die SPD als Partei stilisiert sich nun noch als besonders demokratisch hoch, indem sie dazu weder vom Gesetz noch durch den Wähler legitimierte Mitglieder darüber abstimmen lässt, ob die Regierung und das in Verhandlung durch mehrheitlich nicht legitimierte Parteifunktionäre vereinbarten Regierungsprogramm umgesetzt wird oder nicht. 

Die Mitglieder einer Partei, die gerade mal knapp 26% aller Wählerstimmen erhalten hat!

Es mag ein demokratischer Akt innerhalb der Partei sein, wenn sich die parteiintern gewählten Funktionäre absichern, um nicht die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen zu müssen - aber demokratisch im Sinne das Grundgesetzes ist dieser Prozess ganz sicher nicht. 

Wer sich da noch über Politikverdrossenheit wundert, dem kann nicht mehr geholfen werden.

Sonntag, Oktober 27, 2013

Der NSA-"Skandal"

Die NSA mal anders betrachtet.

Wir mussten schon immer damit leben, dass Geheimdienste Geheimes im Geheimen tun.
Geheimdienste sind ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Machtkonstellation und keine Erfindung der Neuzeit. Man nannte sie nur anders bei Hofe. Und dass Geheimdienste die jeweils für ihre Tätigkeit Erfolg versprechendsten Methoden anwenden, liegt ja wohl auf der Hand. Wer sich darüber empört ist moralisch auf dem richtigen Weg aber naiv, also nicht lebensfähig.

Wenn es also Geheimdienste gibt, so stellt sich mir die Frage nach dem Warum eigentlich?

An dieser Stelle möchte ich einmal festhalten: schön wäre es, wenn der Mensch als solcher gut wäre; Tatsache ist aber: er ist nicht gut. Er ist auch nicht böse. Gut und Böse sind Kategorien mit denen man den Menschen in seiner Grundkonstitution nicht beschreiben kann. Beides - wenn man in diesen Kategorien klassifizieren möchte - ist in jedem Menschen angelegt und es sind die Umstände, die den Ausschlag für das Verhalten geben. (Wir tun also gut daran, an Lebensumständen zu arbeiten, die dem Bösen in uns keine Chance geben.) 

Ich behaupte, dass wir alle Geheimdienstler sind - in Abhängigkeit von unseren individuellen Schutzbedürfnissen.

Der Mensch ist ein denkendes Wesen mit dem biologisch festgelegte Grundtrieb der Selbsterhaltung und der Fähigkeit der Erkenntnis und Reflexion seines Tuns - eine schwierige Bipolarität. Er ist in Gruppenwesen, das Verhaltensmuster entwickelt, in der Gruppe miteinander aus zu kommen. Die Gruppe sichert ihre Interessen gegenüber konkurrierenden Gruppen. Grundmuster: die andere Gruppe ist so lange gefährlich, bis sie durch ihr Verhalten vom Gegenteil überzeugt hat oder bis wir die Kontrolle über sie sicher gestellt haben. Das ist nicht anders, als bei Raubtieren, die im Rudel jagen.
Die vererbte Erfahrung hat den Menschen gelehrt, dass nichts von Dauer ist - es gibt keine Garantie für Nachhaltigkeit menschlicher Beziehungen. Also: sicherheitshalber absichern - nie die Kontrolle verlieren. Das könnte tödlich sein.

Im Laufe der Menschheitsgeschichte haben sich - meist von klimatischen und geografischen Bedingungen des Lebensraums beeinflusst - ganz unterschiedliche Verhaltensmuster entwickelt, um Übeleben des Einzelnen in der Gruppe zu organisieren und zu sichern.
Leben und überleben der denkenden Spezies Mensch geht immer mit der Notwendigkeit einher, bewusst Entscheidungen zu treffen und auf diese Weise die Zukunft zu gestalten. Die Zukunft ist immer unbekannt. Entscheidungen beruhen also immer auf Annahmen und Erwartungen bestimmter Folgen. Diese Annahmen spiegeln die gemachten, in der Vergangenheit liegenden Erfahrungen und Erkenntnisse, die sich gerne zu Überzeugungen bezüglich der Zukunft verdichten.

Allerdings - und hier liegt die Wurzel eines unausrottbaren Konflikts - kommen verschieden Menschen zu verschiedenen, gelegentlich sich unversöhnlich gegenüber stehenden Überzeugungen. Stehen sich Überzeugungen unversöhnlich gegenüber schliesst das ein, dass die jeweils andere Überzeugung und die daraus abgeleiteten Entscheidungen die Zukunft betreffend falsch sind und verhindert werden sollten.

Derartige Konflikte innerhalb der Gruppe werden nach den gewachsenen und gelebten Konfliktlösungsstrategien zum Nutzen der Gruppe gelöst. Irgendwo zwischen autoritär und basisdemokratisch. Zwischen Gruppen kracht’s gerne mal, weil jede die Vorherrschaft des zukünftign Weges bestimmen will.

Aus den Gruppen (Familien, Clans, Stämmen, Reichen) sind Nationen in weitgehend territorial unbestrittenen Grenzen geworden, es hat sich sogar mit der UNO ein Forum gebildet, in dem die Vertreter aller Nationen die Interessen der eignen verfolgen können - sozusagen ein Markt für Interessenausgleich. Die inneren Angelegenheiten regelt jede Nation eigenverantwortlich.

Die UNO ist der bisher weitestgehende Versuch, ein globales Konfliktlösungsforum zu schaffen. Die Schwäche der UNO liegt im historischen Ballast. Der hat seine Ursache in der konfliktreichen und auf Jahrhunderte zurückblickende Nationenbildung. Was heute eine Nation ist, war im Zweifel vor 80 Jahren noch eine vom Nachbarn in der UNO-Sitzordnung unterdrückte und ausgebeutete Kolonie. Das haben beide nicht vergessen. Man mag vertraut sein miteinander - aber Vertrauen ist was anderes.
So ist die Menschheit unverändert getränkt vom gegenseitigen Misstrauen und Absprachen sind meistens, wenn nicht gar immer, geprägt vom Eigennutz. Wenn diese Grundlage schwindet, schwindet das Vertrauen. Wer nicht vertraut, ist auf der Hut und sichert sich ab. Latente Befürchtungen begleiten uns - Ausdruck der notwendig erscheinenden Absicherung vor möglichen Gefahren.

Menschen haben die Erde in beindruckender Weise gestaltet und damit den eigenen Lebensraum und den aller anderen Lebewesen. Menschen kommunizieren in Lichtgeschwindigkeit rund um den Erdball und nehmen den Mars als Besiedelungsraum in den Blick. Im Streben nach Verbesserung formen wir unsere Körper mit dem Scalpell, manipulieren unser Erbgut im Reagenzglas und befreien Frauen von der biologischen Gestaltungsenge ihres Daseins, indem wir in der hoch fruchtbaren Lebenszeit Eizellen entnehmen, einfrieren und dann zwecks Erfüllung von Kinderwunsch evtl. mit 40+ befruchten. Wir nennen das Fortschritt und berauschen uns an unserer selbstgeschaffenen Möglichkeiten, die unser Gehirn so anbietet.

Nur wir selbst haben uns kaum verändert. Wir sind anhaltend und unverändert unseren Trieben und unkontrollierbaren Urängsten ausgeliefert, die uns jeder Albtraum spürbar macht. Misstrauen in der Begegnung mit dem Fremden, selbsterhaltende Eigenschaft der Urzeit, hält uns gefangen und spiegelt sich in unseren Vorurteilen. Alles irrational und seit Urzeiten unser Verhalten beherrschend. Es geht gleichbleibend um Macht, Einfluss, Deutungshoheit bezüglich des richtigen Weges und um Sicherung des Erreichten.

Und genau hier bieten sich Geheimdienstaktivitäten als sichernde Begleiter auch im Umgang mit Bürgern und befreundeten Staaten an unter dem Moto: Lieber Bürger, lieber befreundeter Staat, ich vertraue Dir. Natürlich! Aber sicherheitshalber, wirklich nur sicherheitshalber! möchte ich doch nach dem Rechten schauen, denn mein Vertrauen wurde schon oft enttäuscht und die Geschichte lehrt mich….. Und überhaupt schütze ich Dich, wenn ich weiß, was vor sich geht, vor Gefahren, die Du nicht erkennen kannst.
Na und dass Geheimdienste nicht halt machen vor der Privatsphäre von Staaten und Bürgern, liegt auf der Hand. Das gehört zu ihrem Selbstverständnis. Zumal ihr Treiben zwangsläufig im Geheimen stattfindet und sich folglich weitgehend gesellschaftlicher Kontrolle entzieht.

Wir sollten unsere Kraft nicht in Empörung investieren, so schön das Gefühl auch sein mag; Sinn macht es, aktiv dran mit zu arbeiten, dass diejenigen, die wir wählen, und die die Funktionen und Aufgaben für den Geheimdienst definieren, fest verankert sind in den Grundwerten unserer Gesellschaft.

Dabei sollten wir uns immer der Tatsache bewusst sein: Wenn Demokratie nicht das selbstverständliche Lebensgefühl des Volkes ist, existiert sie nicht.

Mittwoch, Juli 31, 2013

Volksbegehren - Rauchverbot in Bayern

Eigentlich ist schon wieder Gras über das Rauchverbot gewachsen, die Folge eines Volksbegehrens fanatischer Nicht- und Passivraucher. Mir persönlich ist das Ergebnis recht: als ehemaliger Kettenraucher mit 60 Schwarzen pro Tag ist freue ich mich, nirgendwo mehr von kaltem, abgestandenem Tabakrauch belästigt zu werden.

Gerade bin ich auf die Feststellung eines wohl empörten Bloggers gestossen, der sich nicht beruhigen kann, dass unsere Regierung, gemessen an den Wahlberechtigten, nur von ca. 37% der Wahlberechtigten gewählt wurde, wegen zu vieler Nichtwähler oder Wählern, die zu doof sind, ein Kreuzchen zu machen.

Das hat mich an meinen Ärger über den eingangs erwähnten Volksentscheid erinnert - wie gesagt, nicht wegen des Ergebnisses.

Da sind auf der einen Seite eine entschlossene, fanatisch radikale Gruppe Rauchergegner mit charismatischem Sprecher - um nicht Anführer zu sagen - und missionarischem Eifer im Feldzug gegen das Rauchen. Sie will erreichen, dass in allen Gaststätten Rauchen verboten wird, auch in solchen, in denn die Bedienung raucht, der Inhaber und alle Gäste. Also m. E. schon ein massiver Eingriff in die Selbstbestimmungsrechte jeden Bürgers, denn es schliesst auch alle diejenigen Bürger ein, die sich in einem als Raucherkneipe gekennzeichneten Raum freiwillig und bewusst aufhalten. Es geht also nicht nur um die Wahrung schutzwürdiger Interessen von Menschen, die durch die Anwesenheit von Rauchern gesundheitlich beeinträchtig oder belästigt werden, sogenannten Passivrauchen. 

Um ein konkretes Beispiel zu nennen: In Nürnberg betrieb eine leidenschaftliche Zigarrenraucherin eine Raucher-Launch in der sich Zigarrenraucher trafen, um zu einem Bierchen ihre Havanna zu geniessen und sich zu unterhalten. Auch dieser Treff für Nur-Raucher würde schließen müssen, wenn das Volksbegehren erfolgreich im Sinne der Veranlasser entschieden würde.

Auf der anderen Seite die wahlberechtigten Bürger, die sich der Schärfe des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte aller Bürger, der weit über das legitime Schutzinteresses von Passivrauchern in nicht regulierten Räumen hinaus wies, war sich die Mehrheit der Stimmberechtigten nicht bewusst. Ihnen stellte sich die Frage eher als Abstimmung über den Schutz von Passivrauchern. Es war abzusehen, dass das Thema Rauchen für eine Vielzahl von Bürgern eigentlich nicht so besonders wichtig sein würde, weil sie sich nicht als Schützer von Passivrauchern verstehen. Rauchen war nicht ihr Thema. So war von Anbeginn davon auszugehen, dass es eine relativ geringe Wahlbeteiligung geben würde. Militante Nichtraucher würden die Aktiven um das Thema sein.

Lange Rede kurzer Sinn: 
Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7%. Davon haben 61% für das Rauchverbot gestimmt. Das sind 22,94% aller Wahlberechtigten. 

Umgerechnet auf alle Bayerischen Bürger haben knapp 18% ein Verbot durchgesetzt, das alle Bayerischen Bürger gängelt. 

Übrigens: Die Raucher-Launch musste tatsächlich schliessen!

Für mich ist dieses ‘demokratische’ Ergebnis ein eher nachdenklich machendes Beispiel, wenn es um den lauter werdenden Ruf nach Volksabstimmngen geht. Ich fürchte, dass sie die Gefahr bergen, dass entschlossne, gut informierte und engagierte Minderheiten die Ergebnisse von ihnen in Gang gesetzter Volksabstimmungen als urdemokratische Prozesse darstellen, auch dann, wenn sie wegen geringer Wahlbeteiligung in Wirklichkeit eine Majorisierung durch Minderheiten ausdrücken.

Ich zitiere wieder einmal: 
So lange Demokratie nicht das selbstverständliche Lebensgefühl des Volkes ist, existiert sie nicht. 

Zum demokratischen Selbstverständnis gehört zwingend, wählen zu gehen. So lange das nicht der Fall ist, was in der jeweiligen Wahlbeteiligung zum Ausdruck kommt, müssten Volksabstimmungen neben der Mehrheit der abgegebenen Stimmen ein zweites Quorum übertreffen, das sich an der Zahl der Wahlberechtigten misst. Das Interesse einer Mehrheit der Wahlberechtigten muss beispielsweise durch eine über 50% liegenden Wahlbeteiligung zum Ausdruck kommen.

Es kann nicht sein, dass Entscheidungen für alle getroffen werden, der nur eine schwindende Minorität gemessen an den Wahlberechtigten aktiv zugestimmt haben.

http://www.volksentscheid2010.bayern.de/taba2990.html

Ich fühle mich beschissen.....

.... und kann nichts dagegen tun.

Ich hatte gestern eine ambulanten Kniespiegelung. Ein kleiner Meniskus-Schaden wurde behoben.

So weit so gut - oder auch nicht, denn mir wurde erstmals ein Einblick in die Abzockindustrie eröffnet, die mich, den, wie alle, zwangsweise Krankenversicherten, über die steigenden Versicherungsbeiträge ausnimmt, wie eine Weihnachtsgans. Nicht nur mich - uns alle!

Was war geschehen, was regt mich so auf, dass ich diesen Beitrag schreibe, wo die Krankenkasse doch zahlt und es mir doch egal sein könnte?

Ich will es Ihnen sagen:
  1. Empfehlung des Arztes:
    Zur Minderung der Schwellung des Knies die für eine Woche leihweise angeboten Kühlmanschette zu verwenden. Es handelt sich um einen kleinen Thermobehälter für kaltes Wasser mit Schlauch mit zwei Ventilen und eine Kühlmanschette für's Knie. Sieht so aus:
    Leihgebühr für eine Woche 50,00 €!
  2. Empfehlung des Arztes
    Krücken sein für heute angesagt, die ich mir gleich einen Stock tiefer im Sanitätshaus holen könne; Rezept anbei. Gesagt getan. Mit 'meinen' Krücken etwa 10 m zu meinem Auto gehumpelt und zuhause vom Auto 10 m in's Haus. Das war's, denn ich bekam heute eine abnehmbare Knieschiene, die die Krücken erübrigt.
    Blauäugig wollte ich die nach 20m Nutzung nagelneuen Krücken zurück geben und wollte die Überlassungsgebühr für 24 Stunden bezahlen. Ich musste lernen, dass die Krücken nicht zurück genommen werden könnten aus versicherungsrechtlichen Gründen. Die Krücken könnte, ja müsse!  ich behalten; sie würden der AOK in Rechnung gestellt. Meine Empörung über die sinnlose Verschwendung von Versicherungsgeldern wurde mit bedauerndem Schulterzucken und dem Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen zurück gewiesen; man sei lediglich ein Sanitätsgeschäft und nicht befugt, anders zu handeln.
    So bin ich nun Eigentümer dieser wunderschönen, nagelneuen Krücken, die ich nicht brauche. Bezahlt von der Gemeinschaft der zwangsweise gesetzlich Versicherten.
  3. Empfehlung des Arztes
    Die Knieschiene die nächsten drei Wochen beim Spazieren gehen und beim Radfahren zur Sicherung des Knies anlegen. Die an das Sanitätshaus zu entrichtende Leihgebühr betrüge 600 €. Zuhause habe ich mir das Ding angeschaut: Glasfaser-Gestell, innen gepolstert, 2 Scharniere rechts und links des Knies, 4 Klettverschluss-Schnallen. Standardmodell, also keine individuelle Anfertigung. Großzügig geschätzte Herstellkosten 250 €.
    Ich recherchiere im Internet. Das teuerste vergleichbare Modell - das abgebildete ist nur über Rezept im Sanitätsfachhandel zu kaufen - das in kniebelastenden Extrem-Sportarten eingesetzt wird, kostet nur 350€.  Ein Mietpreis (Nicht Pfand, nein Gebühr für die Nutzung!) in Höhe von 600€ für wenige Wochen schien mir unmöglich.
    So vermutete ich, mich bei den 600€ verhört zu haben und rief ich im Sanitätshaus an.
    Die Auskunft lautete: Ja, 600 € Leihgebühr sei richtig, der Kaufpreis läge bei 800€.
    Meine erneute Empörung wurde mit der Belehrung beantwortet, dass es ich um die gesetzlich unterlegte Preise handle, nachzulesen im Heilmittelkatalog, der bundesweit verhandelt von allen Krankenkassen akzeptiert sei.
Ich bin stinksauer - auch wenn die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden, weil mir diese Erfahrung zeigt, dass die Politik völlig überfordert zu sein scheint, das Gesundheitssystem zu managen.

Bleibt für uns gesetzlich zwangsweise Versicherte die uns auferlegten Beiträge zu bezahlen und und als Begrünung steigendender Prämien den medizinischen Fortschritt und die besser werdende Gesundheitsversorgung anzuhören.

In Wirklichkeit sieht es wohl so aus, dass Ärzteverbände, Krankenhausbetreiber, Arzneimittelhersteller, Apothekerverbände und Hilfsmittelhersteller um die Verteilung des 240-Milliarden-Euro-Kuchens feilschen, wobei die Gesundheitspolitiker als Vertreter der Bürger auf verlorenem Posten stehen. Ihr Job besteht drin, uns, die wir als Zwangsversicherte die 240 MrdEUR des Systems aufbringen müssen, die steigenden Versicherungsprämien zu verkaufen. 

Charakteristisch für den Verteilungsstreit ist der Umstand, dass alle, die da feilschen, um die Verteilung unserer Gelder streiten - nicht ihrer eigenen. Ein Sparinteresse hat keiner der Beteiligten.

Was im konkreten Fall dabei raus kommt, habe ich geschildert und ich bin sicher, dass meine Erfahrung symptomatisch für das gesamte System ist.

Donnerstag, Juli 18, 2013

Bist Du wichig?

1953 stellte der Bayerische Rundfunk die Frage: »Bist du wichtig?«, worauf 12 Prozent mit Ja antworteten. 2007, dieselbe Frage: 88 Prozent Jastimmen!

DIE ZEIT Nr 30/2013, Titelgeschichte

Was sagt das über unsere Gesellschaft aus, unterstellt, dass nicht gemeint ist, wichtig für sich selbst und die unmittelbar gefühlsmäßig Verbundenen?

Ich nehme mich wichtig, bin aber unwichtig.

Ich werde zwei mal sterben: 
Mein erster Tod ist mein physischer. 
Mein zweiter Tod tritt ein, wenn der letzte stirbt, der mich noch lebend gekannt hat. 

Mag sein, dass ich in Geschichten weiter bekannt bleibe, wenn ich durch mein Tun die Entwicklung meiner Zeit nachhaltig beeinflusst haben sollte - was nicht der Fall sein wird,  so viel lässt sich schon sagen. 

Aber dann wäre es nicht ich, der weiter lebt, sondern Geschichten um meine Person und Interpretationen meines Wirkens. Je länger zurück mein Tod liegt, um so weniger werden die Geschichten um mich, die geblieben sind, der Wirklichkeit entsprechen. 

Nehmen wir es gelassen: Nein, wir sind absolut nicht wichtig.

Dienstag, Juli 16, 2013

Stell Dir vor, wir ließen Kirchen und Religionsführer hinter uns…

Freitag, Juni 21, 2013

Wo er recht hat, hat er recht.....




Ich bin kein Freund von Michael Glos, aber die Meinung über Trittin teile ich ohne Einschränkung:


Nachtreten vor dem AbschiedGlos beleidigt Trittin

Dass es zwischen CSU-Mann Glos und Grünen-Fraktionschef Trittin nicht gerade funkelt wie bei einer großen Liebe, ist schon lange klar. Doch nun wird der Ton, den Glos anschlägt, doch recht heftig.
Michael Glos hört auf mit der Parlamentskarriere.
Michael Glos hört auf mit der Parlamentskarriere.
Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Bundestag rechnet der ehemalige CSU-Spitzenpolitiker Michael Glos mit dem politischen Gegner ab. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sei "der größte Kotzbrocken, den die Grünen haben", sagte der frühere Bundeswirtschaftsminister der "Leipziger Volkszeitung". Glos bezeichnete Trittin als "Öko-Stalinisten" und bescheinigte ihm einen Mangel an Benehmen.
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Quelle: n-tv.de , AFP

Mittwoch, Mai 29, 2013

Wer wird hier wirklich ausgebeutet ?


Dies ist ein Artikel aus der ZEIT 21/2013, den ich für lesenswert halte und eine Rarität im veröffentlichten Mainstream.


 Viele Medien beklagen, dass der Staat immer öfter die Löhne aufstocken muss. Doch das stimmt so nicht.
von KOLJA RUDZIO


Aufstocker – das könnte einmal das Unwort des Jahres werden. Der Begriff hat alle Voraussetzungen: Er klingt nüchtern, ein bisschen technokratisch. Gleichzeitig beschreibt er einen Zustand, den viele empörend finden. Aufstocker nennt man Menschen, die Arbeit haben und trotzdem auf Hartz IV angewiesen sind. Die sich ihren Lohn also vom Staat aufstocken lassen müssen. Ihr Schicksal steht im Mittelpunkt aller Mindestlohn-Debatten. Wer arbeitet, soll davon auch leben können, lautet eine weitverbreitete Forderung. Für die Aufstocker scheint das nicht zu gelten. Aber stimmt das wirklich?
Vorige Woche schrieb die Süddeutsche Zeitung(SZ) auf ihrer Titelseite: Staat muss immer öfter Löhne aufstocken.Hart aber fair diskutiert, warum der Staat dieses »skandalöse Lohndumping« auch noch subventioniere. Aufstocken gilt nämlich als doppelter Skandal: Menschen werden mit unwürdigen Löhnen abgespeist, und der Steuerzahler unterstützt das mit seinen Hilfszahlungen. Ein krasserer Verstoß gegen soziale Gerechtigkeit ist kaum denkbar. Der Fall scheint klar.
Doch in der Wirklichkeit lässt sich die Frage, was gerecht und richtig ist, oft nicht so einfach beantworten. Gerade bei den Aufstockern ist nichts so, wie es scheint.
Das beginnt schon mit dem alarmierenden Befund, der Staat müsse »immer öfter« Löhne aufstocken. Unter dieser Überschrift hatte die SZ berichtet, dass die Zahl derjenigen Aufstocker, die einer sozialversicherten Arbeit mit mehr als 800 Euro Bruttolohn nachgehen, seit 2009 um 20000 gestiegen sei. Etliche Medien übernahmen die Nachricht, auch ZEIT ONLINE. Und Spiegel Onlinetitelte: Reguläre Jobs reichen immer seltener zum Leben.
Diese Meldungen verraten mehr über das Geschäft der Medien als über das Geschäft der Lohndrücker. Sie sind ein Beispiel dafür, wie man mit Statistiken ein nahezu beliebiges Bild der Wirklichkeit erzeugen und große Schlagzeilen produzieren kann, einfach indem man bestimmte Zahlen herausgreift und andere ausblendet. 
Einen Zuwachs gibt es nur bei einem Teil der Aufstocker, insbesondere bei jenen mit mehr als 800 Euro Gehalt. Die Zahl aller Aufstocker dagegen ist seit 2009 leicht geschrumpft, und zwar um 1100. Das liegt vor allem daran, dass es heute weniger Aufstocker mit Kleinstverdiensten unter 400 Euro gibt. Insofern wäre eine korrekte Schlagzeile gewesen: »Kaum Veränderung bei den Aufstockern«. Oder vielleicht auch: »Staat muss immer seltener Löhne aufstocken«. Das aber wäre dann kein Skandal mehr gewesen.
Vollständig wird das Bild ohnehin erst, wenn man die Aufstocker-Zahlen ins Verhältnis zu allen Beschäftigten setzt. Rutschen immer mehr Bundesbürger in die Bedürftigkeit ab, oder gelingt immer mehr Hilfsbedürftigen der Aufstieg? Die Zahlen sind eindeutig: Im Vergleich zu 2009 beziehen 600000 Menschen weniger Hartz IV, gleichzeitig haben 1,5 Millionen Menschen mehr eine sozialversicherte Beschäftigung. In Deutschland können also nicht immer weniger Bürger von ihrer Arbeit leben, sondern immer mehr. Der Unterschied ist geradezu phänomenal.

»Wir beobachten eine Aufwärtsbewegung«, sagt Helmut Rudolph vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Der Experte beschäftigt sich seit Jahren mit den Aufstockern, die es unter anderen Bezeichnungen auch schon vor Hartz IV gab. Für ihn ist klar: »Es gibt weniger Bedürftige, mehr Erwerbstätige, und die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer ist schneller gewachsen als die der entsprechenden Aufstocker – das ist eine positive Entwicklung.«

Ohnehin ist fraglich, was sich hinter dem Phänomen der Aufstocker verbirgt. Das gängige Bild sieht so aus: Da ist jemand voll berufstätig, geht jeden Morgen zur Arbeit, bekommt aber einen solchen Hungerlohn bezahlt, dass er nach Feierabend noch zum Jobcenter gehen muss. Möglicherweise schickt ihn sogar sein Arbeitgeber dorthin, weil Hartz-IV-Leistungen für seine Mitarbeiter schon Teil seiner Lohnkalkulation sind. Auf diese Weise subventioniert der regulär bezahlte Arbeitnehmer mit seinen Steuern auch noch die Konkurrenz der Hungerlöhner. Ähnlich stellte auch die ARD in ihrer Dokumentation den Fall eines Reporters dar, der undercover bei einem Dienstleister von Daimler arbeitete.
Solche skandalösen Fälle gibt es zweifellos. Aber die Situation der Aufstocker sei oft eine ganz andere, sagt IAB-Experte Rudolph. »Da ist zum Beispiel ein Paar, bei dem die Frau nur ein paar Stunden die Woche arbeitet und der Mann voll berufstätig ist. Wenn er nun seine Arbeit verliert, reicht ihr Gehalt nicht aus, und sie brauchen aufstockende Leistungen.« In so einem Fall muss niemand irgendeinen Lohn drücken, die Frau wird einfach deshalb zur Aufstockerin, weil eine Teilzeitstelle nicht genügt, um den Lebensunterhalt des Paares zu bestreiten. Die Rettung wäre, wenn sie oder er einen Arbeitsplatz mit mehr Stunden fände. Solange das nicht gelingt, bekommen sie Hilfe vom Staat. Das ist keine angenehme Situation – aber werden dadurch Ausbeuterlöhne subventioniert?
Anders als es der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kürzlich in einem Interview behauptete, arbeiten keine 1,3 Millionen Menschen in Vollzeit und beziehen Hartz IV. Die meisten Aufstocker haben einen Teilzeitjob. Ihnen fehlt es also nicht nur an einem ausreichenden Stundenlohn, sondern auch an ausreichend Arbeit. In den vergangenen Jahren waren von 1,2 bis 1,4 Millionen Aufstockern nur etwa 350000 voll erwerbstätig. Darunter bis zu 50000 Auszubildende. Zudem reicht ein Vollzeit- oder Teilzeitlohn oft nicht, wenn ein Paar oder eine Familie davon leben soll (was bei drei Vierteln aller Aufstocker der Fall ist).
So rechnete der Undercover-Reporter in der ARD empört vor, wie wenig Lohn er als Hilfsarbeiter bekam – rund 1200 Euro – und wie viel mehr der Steuerzahler für ihn dazubezahlt hätte, wenn er seinen Anspruch auf aufstockende Leistungen beim Jobcenter geltend gemacht hätte – nämlich 1550 Euro. Diese hohe Summe ergibt sich, weil er vier Kinder angegeben hat. Aber ist es wirklich unanständig, wenn der Lohn für eine Handlangertätigkeit nicht ausreicht, um eine sechsköpfige Familie zu ernähren – und deshalb der Staat den Betroffenen unter die Arme greift?
Aufstocker seien eine »sehr heterogene Gruppe«, stellen die IAB-Forscherinnen Kerstin Bruckmeier und Carina Himsel in einer Analyse fest. Wer ihnen helfen wolle, müsse deshalb an vielen Punkten ansetzen, etwa in der Familienförderung, in der Bildungspolitik oder im Steuersystem.
Allerdings: Auch die Lohnhöhe spielt eine Rolle. Oft trifft man Aufstocker in Putzkolonnen, in der Gastronomie oder in privaten Haushalten. In diesen Bereichen sind bis zu 15 Prozent aller Arbeitnehmer auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen, während es in der gesamten Wirtschaft nur rund drei Prozent sind. Das zeigen Daten der Bundesagentur für Arbeit.
Wäre die einfachste Lösung also der Mindestlohn? Für den Experten Rudolph ist die Antwort zweigeteilt. Aufstocker hätten demnach wenig davon. Wenn ihr Lohn steigt, streicht ihnen der Staat im Gegenzug oft 90 Prozent wieder weg, indem er seine Hilfe kürzt. Die wenigsten hätten dann so viel mehr Geld, dass sie ganz aus der Bedürftigkeit herauskämen, sagt Rudolph. Er befürwortet trotzdem einen Mindestlohn, um den Steuerzahler vor Missbrauch zu schützen. Gewinner wäre dann der Staat. Die Aufstocker aber würden nicht verschwinden.

Samstag, Mai 04, 2013

Arme Deutsche - Reiche Südländer?


Neulich ging eine seltsam anmutende Vermögens-Berechnung der EZB durch die Presse. Die Aussage: Der Durchschnitts-Deutsche habe weniger Vermögen als der Durchschnitts-Zypriote, -Grieche, -Spanier, -Italiener, -Franzose und so weiter. 

Das wollte man links nicht so gerne hören. Die 'Richtigstellung' lautete: Die Deutschen haben dafür aber eine soziale Absicherung, die weit über der der Genannten liegt. Das sei ja schließlich auch eine beim Vergleich anzusetzender Vermögensteil. 

Das sähe ich durchaus auch so, wenn dieser Anspruch durch entsprechende Vermögenswerte gesichert wäre. Das ist er aber nicht. Es handelt sich also um einen „Vermögen“, was real nicht existiert, sondern lediglich die Form eines Anspruchs an den Staat hat. (Auf Ansprüche an den Staat hat so mancher griechische und portugiesische Beamte auch gesetzt und hat erfahren müssen, was die wert sind, wenn der Staat schlecht wirtschaftet.) Diese Tatsache hat zwei Gesichtspunkte: 

Zum einen ist also unser Staat unser Schuldner, an den wir Bürger eine Forderung haben. Forderungen, das haben wir gelernt, sind so sicher, wie der Schuldner zahlungsfähig ist. Unser Staat ist ziemlich verschuldet, wie wir wissen. (Wir wissen, was uns mitgeteilt wird: Unser Staatswesen hat zur Zeit eine im europäischen Vergleich lobenswert niedrig erscheinende Schuldenhöhe von 'nur' 80% der Gesamtleistung unserer Volkswirtschaft im Jahr! Hinzu kommen die Schulden aus Pensionszuagen an das Beamtenheer und die Rentenzusagen, gegenüber der Bevölkerung. Die werden nie erwähnt. Es handelt sich um weitere hunderte  Milliarden EUR weiterer Schulden, die jedes Wirtschaftsunternehmen in seiner Bilanz ausweisen müsste, anderenfalls es sich der Bilanzfälschung schuldig machte.) Der Staat lebt von der Hand in den Mund - Rücklagen gibt es keine, die Schulden sind nur teilweise gedeckt. Die Sicherheit ist nur gewährleistet, wenn die Wirtschaftskraft unseres Gemeinwesens erhalten bleibt und sich im globalisierten Wettbewerb weiter so günstig entwickelt, wie bisher. Davon alleine hängt der Wert unseres Vermögensteils 'Soziale Absicherung' ab. (So gesehen würde ich der Politik und den Wählern empfehlen, lieber Schwächen des Kapitalismus auszumerzen, die sich gezeigt haben - ihm verdanken wir unseren Wohlstand - , als der heute modernen Absage an den Kapitalismus und dem Liebäugeln mit dem Sozialismus weiter zu folgen.)

Zum anderen sind wir selbst ja der Staat. Es ist also festzustellen, dass wir Bürger sozusagen uns selbst die Alters- und Gesundheits- und Arbeitslosenversorgung schulden. Nur sozusagen um eine Generation verschoben. Die Jungen schulden den Alten - so ist es gesetzlich geregelt. Gefragt wurden sie nicht, ob sie den Generationenvertrag unterschreiben. Er wurde von den Alten mit sich selbst ohne Teilnahme der Jungen - ja sogar ohne ihr Wissen! - geschlossen. Feine Sache. Das Ergebnis sieht so aus: Wir Bürger haben einen Vermögenswert "Forderungen an den Staat", also an uns selbst. 

So kann man sich reich rechnen: Ich mache einen Vertrag, der meine Kinder verpflichtet, an mich 1 MioEUR zu zahlen. (Ob sie das zahlen wollen oder können, weiß ich nicht - das wird die Zukunft zeigen.) Aber zunächst bin ich Millionär, denn ich habe eine Forderung von 1_MioEUR. 

Also nix ist, verehrte Linksrechner, mit Reichtum in Form von Ansprüchen an den Staat, der den Reichtum der Bürger in anderen Ländern in Form von Immobilienbesitz z.B. aufwiegt und uns Deutsche Durchschnittsbürger mindestens gleich reich macht.

Aber Linke rechnen sich wohl immer schon auf diese Weise reich. Auch den DDR-Bürgern gehörte ihr Staat. Wie reich sie waren, hat sich beim Kasse machen gezeigt.

Parteitag und Wahlaussagen der GRÜNEN

Meine Freundin Julia fragte mich, was ich von den Aussagen der GRÜNEN im Rahmen ihres kürzlich Parteitages hielte?

Und das war meine Mailantwort:

Wahlkampf. Kein Politiker ist ernst zu nehmen. Grün ist diesmal bei mir unten durch. Auch ohne die schreckliche Claudia Roth. (Für mich ne Witzfigur. Wie ihr jemand die Wahrnehmung seiner Interessen übertragen kann, ist mir völlig schleierhaft und nur mit fortgeschrittener Verblödung zu begründen.) Die Grünen sind mir viel zu weit nach links gerutscht. 

Ich habe den Grünen-Parteitag nicht verfolgt. Die in Nachrichten eingestreuten Zusammenfassungen waren aussagestark genug. Mal ganz abgesehen davon, dass ich den Schlachtrufen für Hirnamputierte in Wahlkampfzeiten und bei Parteitagen nichts abgewinnen kann. Wettbewerb der Plattitüden. Das gilt nicht nur für die Grünen.

Ich verstehe nicht, weshalb Steuererhöhungen eine gute Wahlkampf-Aussage sein sollen. Das pauschale argumentieren mit mehr Gerechtigkeit ist keine ausreichende Begründung. Wenn ich als Bürger mehr Steuern zahlen soll, dann hätte ich gerne nachgewiesen, dass das sachlich notwendig ist und die Mehreinnahmen sinnvoll verwendet werden. Über die Verwendung kein Wort außer den üblichen Plattheiten von wegen Bildung und Beseitigung sozialer Ungerechtigkeit.

Wie das Versprechen, die Steuern zu erhöhen, die arbeitende Bevölkerung bewegen soll, GRÜN zu wählen, ist mir tatsächlich schleierhaft.

Warum wohl hat schon der Gymnasiallehrer im Zweifel ein Konto in der Schweiz? Weil er das Gefühl hat, zu wenig Steuern zu zahlen?

Wenn ich links wählen will, wähle ich Herrn Gysi und Genossen. Die Reichen schröpfen, ist doch schon von der LINKEN besetzt. Da brauche ich keine GRÜNEN,, da wähle ich das Original.

Ausserdem strahlen die GRÜNEN zunehmend etwas weltverbessernd Missionarisches aus. Schlimmer als Sozialisten und die Kirchen. Neuester Vorschlag: Verbieten von Zigarettenautomaten aus Jugendschutz. Altersprüfung durch Personalausweis werde umgangen. Weil ein paar Jugendliche erfolgreich Vorschriften überwinden, sollen allen Bürgern Zigarettenautomaten vorenthalten werden. Geht's noch? Sollen wir alle gesetzlich gezwungen werden, gute Menschen zu sein? 

Gesetzliches Erzwingen von grüner Weltanschauung. Das fehlt mir gerade noch!

Alle, die Steuererhöhungen mit dem Verweis auf die Steuersätze anderer Länder begründen und der Situation zu Kohls Zeiten, verschweigen Wesentliches:

Die Zwangsabgaben in Form der abgeführten Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung belaufen sich auf ca. 19% gemessen am Bruttoeiverdienst des Normalarbeitnehmers, der unter knapp 4.000 EUR im Monat verdient. (Der Arbeitgeber zahlt bekanntlich noch mal etwa den gleichen Betrag an den Staat.) 42% Spitzensteuersatz zuzüglich  - der Wirksamkeit des Arguments wegen verschwiegenen -  5,5% Soli und 9% Kirchensteuer darauf. Das summiert sich bereits jetzt auf 48,3%.

Kleine Rechnung:

Wenn Politik also ehrlich argumentieren würde, was die Höhe der Einkommensteuer anlangt, so müsste sie die immerhin etwa 19% Sozialabgaben, die jeder zusätzlich zu den Einkommensteuern abführen muss, zu dem jeweiligen Steuersatz addieren, denn zwangsweise abgeführte Sozialabgaben sind nichts anderes als verwendungsgebundene Steuern.

Einem kinderloser, unverheirateter Arbeitnehmer, der im Monat 4.000 EUR brutto verdient, verbleiben, wenn er seinen Nettoverdienst ausgibt, nach Abzug der Mehrwertsteuer ein tatsächlicher Gegenwert von ca. 1.970 EUR. Der Staat hat an ihm im gleichen Monat ca. 2.790 EUR 'verdient'. Das sind 70% gemessen am Bruttoverdienst, obwohl hier nur 22% Einkommensteuern anfallen!

Und das kommt - überschlägig gerechnet - so:


Argument der GRÜNEN und Co.: Der Spitzensteuersatz von 42% muss auf 49% angehoben werden. Und damit natürlich auch der Steuersatz dessen, der heute nur 22% belastet wird, wie in unserem Beispiel. Das ist die Logik der progressiv verlaufenden Steuersätze. (Die Aussage, der Spitzensteuersatz solle erst ab 60 oder 80 Tausend EUR auf 49% angehoben werden, ist hinterhältige Augenwischerei. Schon der gesunde Menschenverstand sagt dem umgarnten Wähler: der 59.999te EUR wird mit 42% besteuert, der 60.000 und folgende mit 49%? So läuft das nicht. Wirklichkeit ist, dass der gesamte Kurvenverlauf der Steuersätze nach oben gezogen wird. Die Kurve verläuft heute in 3 EUR Schritten hier>> und der %-Satz steigt kontinuierlich an - nie sprunghaft.

Aber die Einkommensteuer ist nur ein Teil der Abgabenlast. Letztlich geht es doch eigentlich immer um die Frage, wie viel Gegenwert bekomme ich vom Netto, wenn ich die MWSt abgezpgen habe? Und das wird immer weniger.

Ich meine, dass die gesamte Abgabenlast im Bereich Einkommensteuer für die meisten Arbeitnehmer bei uns schon enorm hoch ist. Das ist auch eine der Ursachen dafür, dass Menschen im niedrigeren Einkommensbereich kaum mehr ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten können.

Wenn die linkslastigen Politiker ständig die vergleichsweise wenigen Hochverdiener als Begründung hernehmen, um dann im Endeffekt einer Vielzahl der normalen Arbeitnehmer in die Tasche zu greifen, so ist diese Argumentation schlichtweg eine Sauerei. 

Es ist sicher richtig, dass Regulierungen gesetzt werden müssen, um die Ausbeutung von ungelernten Arbeitnehmern und solchen im Bereich der Leiharbeit endlich zu beenden. Da passieren nicht akzeptable Sauereien. Das ist aber eine Frage des Arbeitsrechts und hat nichts mit Steuererhöhungen wegen ungerechter Lasten-Verteilung zu tun.

Also die Tatsache, dass eine zunehmende Anzahl von Arbeitnehmern nicht mehr von ihrem verfügbaren Einkommen leben können, hat zunächst mit dem ständig wachsenden Zugriff des Staates auf die Einkommen zu tun. 

Den anderen Schenkel der Schere bildet die dem jeweiligen Einkommen vorauseilenden Ansprüche der Menschen. Wir haben verlernt, uns nach der Decke zu strecken. Und als Begründung für die Berechtigung unserer Ansprüche zitieren wir diejenigen von uns, denen es besser geht. Dieser Neidfaktor wird von der um Umsatz bemühten Wirtschaft geschürt und von linken Politikern als Armutsnachweis genutzt. 

Wirtschaft und Linke benützen die gleichen menschlichen Schwächen für ihre Zwecke. 

Und nun noch ein Letztes: Nachdem in diesem Jahr allgemein die Einkommen steigen, werden wir im nächsten Jahr erleben, dass die Zahl der Armen und von Armut bedrohten zugenommen haben wird, denn das Maß für Armut ist das Durchschnittseinkommen und das wird eben in diesem Jahr steigen. Die so statistisch nachweisbare Zunahme der Armut ist dann wieder Anlass die Notwendigkeit zu belegen, dass die Steuern noch mal erhöht werden müssen.

Gleichzeitig hebt sich der Zipfel der Verschleierung der Selbstversorgung, wenn der Bayerische Landtagsabgeordnete Schmidt als Fraktionsvorsitzender monatlich 20.000 EUR kassiert und dann noch seine Frau seit vielen Jahren als Angestellte seines Abgeordneten-Büros mit monatlich 5.000 EUR auf dem Steuersäckel versorgt.  [Ohne bevorstehende Wahlen wäre das weder aufgedeckt noch sanktioniert worden. Das ist das beste an Wahlzeiten. :-)]

Mittwoch, April 24, 2013

Über das Nutzen von Empörungspotentialen


Sich empören zu können ist eine rein menschliche Eigenschaft, die den persönlichen Gefühlshaushalt zu regulieren hilft. Empören ist zunächst mal der wohlfeile und risikofreie Beitrag zu einer als falsch oder ungerecht empfundenen Maßnahme eines Anderen. Sich empören bedeutet sich erleichtern, hilft Druck abzulassen, sich auf die Seite der ,Guten‘ zu schlagen. Die Quelle der Empörung ist eine Empfindung, also etwas sehr Subjektives, Persönliches. Es handelt sich bei der Empörung um einen meist spontanen Gefühlsausdruck, also eine Reaktion bei weitgehender Ausschaltung der Ratio, des Verstandes. 

Wissen, Informiertsein und kritisches Denken sind also sozusagen die Gegenspieler der Empörungsbereitschaft. Wer Empörungspotentiale für sich arbeiten lassen will hat also um so leichteres Spiel, je weniger informiert, wissend und denkend die Gruppe ist, die er zur Bildung der Empörungswoge veranlassen will, auf der er reitet. Ein sehr anschauliches Beispiel war die Empörungswelle in der muslimischen Welt infolge der Dänischen Mohamed-Karikaturen. (Übrigens fällt mir auf, dass die Vertreter der Muslime in Deutschland sehr schnell die Empörungskeule zücken. Sie haben gelernt, dass ein wirksam seit dem Holocaust konserviertes, kollektives schlechtes Gewissen beim Thema Minderheiten ein hohes Resonanzpotential für Empörung anbietet.) 

Wenn viele sich über die gleiche Sache empören, rückt der Auslöser, das auslösende Ereignis ins Blickfeld. Es entsteht ein Rechtfertigungs-, ein Erklärungs-Druck. 

Das Empörungspotential und die Empörungsbereitschaft einer Gruppe ist eine nicht zu unterschätzende politische Dimension. Gelingt es - ähnlich der Ola-Welle in Stadien - die Empörung einer großen Zahl von Bürgern auf ein Ereignis, eine Erscheinung zu lenken, dann ist ein wesentlicher Schritt getan im politischen Geschäft. Es geht einerseits um Rechtfertigung des Sachverhalts und andererseits um Einflussnahme auf den Sachverhalt. Es gilt also der Empörung ein Gesicht, eine Stimme zu geben. Dann läuft das schon.

Die Empörungsbereitschaft von Bevölkerungsgruppen ist längst zum Spielfeld von Lobbyisten und deren Berater geworden. Die Aufgabe der Empörungsmoderatoren in unserem Lande besteht darin, einen Sachverhalt mit Empörungspotential durch Vermutungen und Unterstellungen aufzubauschen und die Leit-Medien zur Veröffentlichung zu veranlassen, denn entscheidend ist, die Empörungsbereitschaft einer Vielzahl von Menschen zu erreichen und anzusprechen. (Bei Muslimen übernehmen Mullahs die Empörungsmoderation.)

Nehmen wir den gestrigen Tag. Drei Ereignisse mit Empörungsvolumen erkenne ich. Es hängt aber vom politischen Potential ab, ob ein Volumen zur Welle aufgebaut wird. Das Nutzenpotential für Politik (Wählerinteresse) und Medien (Einschaltquoten) ist dabei Ausschlag gebend.
  1. Ulli Hoeneß hat Hunderte Mio EUR schwarz in der Schweiz gebunkert und vermutlich deutlich 5-stellige Millionenbeträge Steuern hinterzogen, so hört und liest man.
  2. Mario Götze wechselt vom BVB zu Bayern München.
  3. Die Telekom will ab Mai im Billigsttarif keine Voll-Flatrate anbieten.
Ein Blick auf die Chancen einer Empörungswelle zeigt:

Ulli Hoeneß
Gemessen am sachlichen Geschehen müsste man im Umfeld der Arm-Reichdebatte und der in den Medien seit Wochen zum Thema hoch-moderierten Steuerflucht eine nie da gewesene Empörungswoge erwarten. Betroffenheit ja - aber Empörung? Ich erkenne vorerst nichts.
Der Empörungslobbyismus schweigt. Ulli Hoeneß ist eine Ikone, ein Promi, ein Fußballgott, ein Spendensamariter. In seinem Umfeld fiel viel ab für jeden, der sich im Dunstkreis bewegte. Für jedermann. Herr Seehöfer reagiert sofort. Staatsmännisch -  rechtsstaatlich - sachlich. Königsmord lieber nicht - das kostet möglicherweise Wählerstimmen. Das sagen sich wohl die Politiker aller Richtungen. Der Fall Hoeness taugt nicht, um auf dem Empörungsfeld zu punkten. Das Thema lieber sachlich abhandeln - nicht emotional aufheizen. Mal sehn, was Sarah Wagenknecht oder Herr Trittin in der nächsten Talkshow-Runde daraus bastelt.

Mario Götze
Der Transfer eines Fussballprofis hat stattgefunden. Einer von vielen. Ein alltägliches Ereignis. Mal sehn, wie‘s ihm heute Abend im Entscheidungsspiel gegen Madrid ergeht. In Facebook tobt der shitstorm. Die Empörung findet Eingang auf den Bildschirm und ntv. Mario Götze! Vom BVB zu Bayern München! 
Meine Prognose: Kein professioneller Empörungsmoderator sattelt auf. Es fehlt die Nutzenperspektive. Mit einer Empörungswelle ist nix zu gewinnen.

Telekom
Die Telekom - ein privatwirtschaftliches Unternehmen - hat angekündigt, ihre Leistungen in Zukunft in anderer Form anzubieten. Das passiert tagtäglich im sehr beweglichen und marktorientierten Feld der Telekommunikation. Inhalt der Botschaft: Beim billigsten Tarif wird das Ladevolumen gedrosselt. Die Folgen treffen nur diejenigen, die stundenlang Filme runter laden oder ihren Computer als Fernseher benutzen. 75 GB Monatsvolumen sind highspeed gesichert - ein gewaltiges Volumen, das vermutlich nur ein geringer Teil der user benötigt.
Empörung! Ungerechtigkeit, zumal die Telekom die Download-Volumen ausnimmt, die mit ihren eigenen Diensten verbunden sind. (Wer die nützt zahlt ohnehin dafür. Das wird aber erst mal verschwiegen. Kontraproduktiv für den Aufbau einer Empörungswelle.) Das könnte die anderen Anbieter ebenfalls veranlassen, Flatratevolumen zu drosseln!

Ich sehe politisch ausschlachtbares Empörungspotential unter dem Gesichtspunkt der Verpflichtung der Versorgung zumal der Armen. Motto: Teilhabe am sozialen Leben! Mal sehn, ob die Sozialpolitik eine Chance zur Profilierung erkennt. 

Kann sein, dass es genug zu ernten gibt.