Mittwoch, Juli 31, 2013

Volksbegehren - Rauchverbot in Bayern

Eigentlich ist schon wieder Gras über das Rauchverbot gewachsen, die Folge eines Volksbegehrens fanatischer Nicht- und Passivraucher. Mir persönlich ist das Ergebnis recht: als ehemaliger Kettenraucher mit 60 Schwarzen pro Tag ist freue ich mich, nirgendwo mehr von kaltem, abgestandenem Tabakrauch belästigt zu werden.

Gerade bin ich auf die Feststellung eines wohl empörten Bloggers gestossen, der sich nicht beruhigen kann, dass unsere Regierung, gemessen an den Wahlberechtigten, nur von ca. 37% der Wahlberechtigten gewählt wurde, wegen zu vieler Nichtwähler oder Wählern, die zu doof sind, ein Kreuzchen zu machen.

Das hat mich an meinen Ärger über den eingangs erwähnten Volksentscheid erinnert - wie gesagt, nicht wegen des Ergebnisses.

Da sind auf der einen Seite eine entschlossene, fanatisch radikale Gruppe Rauchergegner mit charismatischem Sprecher - um nicht Anführer zu sagen - und missionarischem Eifer im Feldzug gegen das Rauchen. Sie will erreichen, dass in allen Gaststätten Rauchen verboten wird, auch in solchen, in denn die Bedienung raucht, der Inhaber und alle Gäste. Also m. E. schon ein massiver Eingriff in die Selbstbestimmungsrechte jeden Bürgers, denn es schliesst auch alle diejenigen Bürger ein, die sich in einem als Raucherkneipe gekennzeichneten Raum freiwillig und bewusst aufhalten. Es geht also nicht nur um die Wahrung schutzwürdiger Interessen von Menschen, die durch die Anwesenheit von Rauchern gesundheitlich beeinträchtig oder belästigt werden, sogenannten Passivrauchen. 

Um ein konkretes Beispiel zu nennen: In Nürnberg betrieb eine leidenschaftliche Zigarrenraucherin eine Raucher-Launch in der sich Zigarrenraucher trafen, um zu einem Bierchen ihre Havanna zu geniessen und sich zu unterhalten. Auch dieser Treff für Nur-Raucher würde schließen müssen, wenn das Volksbegehren erfolgreich im Sinne der Veranlasser entschieden würde.

Auf der anderen Seite die wahlberechtigten Bürger, die sich der Schärfe des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte aller Bürger, der weit über das legitime Schutzinteresses von Passivrauchern in nicht regulierten Räumen hinaus wies, war sich die Mehrheit der Stimmberechtigten nicht bewusst. Ihnen stellte sich die Frage eher als Abstimmung über den Schutz von Passivrauchern. Es war abzusehen, dass das Thema Rauchen für eine Vielzahl von Bürgern eigentlich nicht so besonders wichtig sein würde, weil sie sich nicht als Schützer von Passivrauchern verstehen. Rauchen war nicht ihr Thema. So war von Anbeginn davon auszugehen, dass es eine relativ geringe Wahlbeteiligung geben würde. Militante Nichtraucher würden die Aktiven um das Thema sein.

Lange Rede kurzer Sinn: 
Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7%. Davon haben 61% für das Rauchverbot gestimmt. Das sind 22,94% aller Wahlberechtigten. 

Umgerechnet auf alle Bayerischen Bürger haben knapp 18% ein Verbot durchgesetzt, das alle Bayerischen Bürger gängelt. 

Übrigens: Die Raucher-Launch musste tatsächlich schliessen!

Für mich ist dieses ‘demokratische’ Ergebnis ein eher nachdenklich machendes Beispiel, wenn es um den lauter werdenden Ruf nach Volksabstimmngen geht. Ich fürchte, dass sie die Gefahr bergen, dass entschlossne, gut informierte und engagierte Minderheiten die Ergebnisse von ihnen in Gang gesetzter Volksabstimmungen als urdemokratische Prozesse darstellen, auch dann, wenn sie wegen geringer Wahlbeteiligung in Wirklichkeit eine Majorisierung durch Minderheiten ausdrücken.

Ich zitiere wieder einmal: 
So lange Demokratie nicht das selbstverständliche Lebensgefühl des Volkes ist, existiert sie nicht. 

Zum demokratischen Selbstverständnis gehört zwingend, wählen zu gehen. So lange das nicht der Fall ist, was in der jeweiligen Wahlbeteiligung zum Ausdruck kommt, müssten Volksabstimmungen neben der Mehrheit der abgegebenen Stimmen ein zweites Quorum übertreffen, das sich an der Zahl der Wahlberechtigten misst. Das Interesse einer Mehrheit der Wahlberechtigten muss beispielsweise durch eine über 50% liegenden Wahlbeteiligung zum Ausdruck kommen.

Es kann nicht sein, dass Entscheidungen für alle getroffen werden, der nur eine schwindende Minorität gemessen an den Wahlberechtigten aktiv zugestimmt haben.

http://www.volksentscheid2010.bayern.de/taba2990.html

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