Gestern Abend verteidigte bei Anne Will in der ARD der orthodoxe Rabbiner Yitshak Ehrenberg und die junge Muslima Khola Maryam Hübsch die Beschneidung von Knaben als unverzichtbaren Bestandteil ihrer Religion. Ein Kölner Landgericht hatte darin unter Verweis auf das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit eine strafbare Handlung erkannt und entsprechend geurteilt.
Hinter der Diskussion steht das Dilemma zweier grundgesetzlich verankerter Rechtsgüter: Religionsfreiheit und körperliche Unversehrtheit.
Gleich mal vorweg: Wenn beide Rechte hier aufeinanderprallen, ist das Bundesverfassungsgericht gefragt. Traditionen, Gepflogenheiten, religiöse Anschauungen, Tolanz/Intoleranz mögen Begriffe in der öffentlichen Diskussion sein. Grundrechte stehen aber nicht zur Disposition von Jedermann und sind nicht freigegeben für Beliebigkeit. Die Totschlagargumente Antisemitimus
und/oder Fremdenfeindlichkeit gehören schon gar nicht hier her. Zumal nicht in Politikermund zwecks stimmträchtiger Umarmung potentieller Wähler.
Der Rabbi wiederholte in der Diskussion mehrfach unter Verweis auf das Alte Testament, dass Gott sozusagen persönlich vorgeschrieben habe, dass Knaben am 8. Tag nach ihrer Geburt beschnitten werden müssen, anderenfalls sie keine Juden sein können.
Da kann ich als wohlmeinender Atheist das Judentum nur dazu beglückwünschen, dass dieser unsägliche Gott vor mehr als 2000 Jahren nicht z. B. das Abhacken des kleinen Fingers der rechten Hand zur Bedingung gemacht hat.
Mein Einwand sei nicht ernst zu nehmender Blödsinn? Mitnichten! Wenn es um Wahrung der Vorherrschaft geht, ist jeder Religion, insbesondere aber ihren irdischen Vertretern alles zuzutrauen, mit dem Ziel, die jeweiligen Wahrheiten durchzusetzen und Macht und Einfluss zu sichern. Dafür lieferten und liefern anhaltend Glaubenskriege und sonstigen Metzeleien, die Inquisition der christlichen Kirche im Mittelalter oder die aktuellen Verbrechen fanatischer Muslime unter Verweis auf Allah nette Beispiele. Mit dem jeweiligen Gott lässt sich alles begründen. Bis hin zum Kondomverbot zur Verhinderung der Ansteckung mit Aids.
So ist die Beschneidung - das habe ich in der Diskussionsrunde gelernt - das grösste Geschenk, dass jüdische Eltern ihrem Sohn machen können! (Mädchen werden, so gesehen, ziemlich vernachlässigt. Die Zentrierung auf des Knaben bestes Stück schon im Säuglingsalter weist die Mädchen schon frühzeitig
auf ihre im Judentum wie im Islam gottgewollt dem männlichen Geschlecht(steil) untergeordnete, eher dienende Rolle hin. In der katholischen Kirche nicht anders. Aber immerhin ohne Beschneidung.)
Blödsinn wird nicht dadurch legitimiert, dass er seit mehr als 2000 Jahren praktiziert wird.
Als denkender Mensch fragt man sich, weshalb religiöse Rituale nicht im Licht weiterentwickelter Erkennnisse auf ihren Sinngehalt hin hinterfragt werden. Etwa mit der ganz kindlichen Frage, ob es denn wirklich sein kann, dass meine Gottgefälligkeit von meiner gekappten Vorhaut abhängt? Und wenn ja, was ist das für ein Gott, dem vor 2000 Jahren vermutlich aus Hygienegründen Sinnvolles eingefallen ist, der aber noch heute auf etwas so absurd gewordenem besteht? Wer hat denn eigentlich zuletzt mit ihm gesprochen und ihn befragt? Und vielleicht noch ganz kühn: Muss ich das wirklich glauben und mit machen?
Vermutlich darf man als gläubiger Mensch so etwas nicht denken, muss stillschweigend akzeptieren, was die irdischen Vertreter Gottes von mir verlangen, damit ich nicht ausgeschlossen, meine Kinder aufgenommen werden in die Gemeinschaft derer, die auch nicht hinterfragen. Den Zorn der Götter mochte Mensch noch nie gerne auf sich ziehen; damals verständlich, als Blitz und Donner noch unerklärlich waren....
Ich denke, wir tun sehr gut daran, unserem irdischen Recht den Vorrang zu geben vor absurden Verweisen auf jahrtausende alte unterschiedliche Anweisungen diverser Götter.
Im übrigen mag sich jeder Mensch taufen, piercen, tätowieren und beschneiden lassen an welchen Körperstellen und aus welchem Motiv auch immer er will, wenn er erwachsen und selbstbestimmt lebt, Kosten und Folgen selber trägt.
Ich bin aber strikt gegen Beschneidung und was es sonst im Namen von Göttern noch so geben mag, schon im Kindesalter. Derartige Maßnahmen am urteilsunfähigen Kind - zwingend vorgetragen durch selbsternannte irdische Vertreter des jeweiligen Gottes - dienen dazu, Abhängigkeiten schon im Kindesalter zu zementieren, die den Religionsvertretern einen lebenslangen Machtposition sichern sollen.
Meine Empfehlung: Selbst denken und selbstverantwortlich leben.
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