Ich habe sie dem Spiegel 42/2016 entnommen.
Gottloses Schloss
Brauchen wir wirklich einen Geistlichen als
Bundespräsidenten?
von Elke Schmitter
Das Leben ohne
göttlichen Beistand ist schlecht auszuhalten. Kinder missbrauchende
Priester, Hass predigende Imame, reaktionäre Popen: Wer im
Angesicht solchen Elends sein Heil nicht im Beten sucht, ist verloren.
Oder auf die Vernunft angewiesen.
Als die SPD vor
wenigen Tagen Margot Käßmann für das erste Amt der Republik ins Spiel
brachte, wollte sie drei Treffer auf einmal landen: Eine Frau wäre,
endlich, an die höchste sichtbare Stelle gerückt. Das Land wäre für eine
gewisse Zeit vor neuen Käßmann-Büchern sicher gewesen. Und die
cremige religiöse Prosa wäre zur ständigen Staatsrhetorik erhoben
worden. Nun hat sich Exbischöfin Käßmann zwar selbst aus dem Rennen
genommen, Exbischof Huber hingegen bleibt weiter im Spiel. Und der zu
Recht als Intellektueller gerühmte Navid Kermani ist vor allem als
moderater Muslim im Gespräch.
Für viele soll der Nachfolger von Pastor
Gauck wohl jemand werden, der gern öffentlich betet.
Wer aber spricht für
all diejenigen, die es noch immer für Privatsache halten, ob man das
mystische Weltbild diverser alter Hirtenvölker teilt?
„Die Kultur der
Achtsamkeit ist ein Stück weit verloren gegangen“, mahnt uns die gute Frau
Käßmann. Bringen wir diese Achtsamkeit doch zurück: mit einem Menschen
im Bundespräsidialamt, der in der höchsten Not nicht ein höheres
Wesen anruft, sondern die Demokratie. Und, so Gott will, den
menschlichen Verstand.
Elke
Schmitter
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen