Sonntag, März 20, 2011

Islam in Deutschland

Ja, auch ich kann sie kaum mehr ertragen, die Diskussionen in den Medien, die sich zwischen den provokanten Thesen von Sarrazin und der umarmenden Aussage unseres Präsidenten, der Islam gehöre zu Deutschland, entwickelt haben.

Keiner der Talk-Schow-Giganten von Beckmann, über Anne Will, Frank Plasberg, Maybrit Illner, bis Sandra Maischberger hat es sich nehmen lassen, die Gesinnungs-Matadoren und Meinungsmacher in ihren jeweiligen Arenen auftreten und mehr oder minder abgewogen aufeinander einschlagen zu lassen. Keine der überregionalen Zeitungen von der SZ über die ZEIT, die WELT bis zur FAZ hat darauf verzichtet, die Überzeugungen ihrer jeweiligen treuen und damit weltanschaulich-politisch vorsortierten Leserschaft in Worte zu fassen und ihr das Gefühl zu vermitteln, hier werde mal gekonnt gesagt, wie es wirklich ist.


Jeder gut argumentierte Gesichtspunkt scheint in sich richtig. Das hilft aber leider nur bedingt zur Klärung, weil sie in ihrer Vielzahl einander zu widersprechen pflegen. Trotz der Vielzahl an Beiträgen und Gesichtspunkten werden Fixpunkt und Maß nicht sichtbar, um die im Kern von religiös-kulturellen Überzeugungen geprägten Ansichten zu messen und einzuordnen.
Trotz aller vorgetragenen Gesichtspunkte bleibe ich - eine um einen eigenen Standpunkt bemühter Zuschauer - ratlos zurück.

Insgesamt bleibt das Gefühl, die Situation nicht beurteilen zu können oder mit dem eigenen Urteil der Vielschichtigkeit nicht gerecht zu werden. Natürlich habe ich eine Meinung - es fällt mir aber schwer, sie schlüssig zu vertreten. Ich will im Urteil gerecht und tolerant bleiben und überhaupt: man kennt den Koran ja schließlich nicht .....

Auf diese verwirrende und damit unbefriedigende Situation bin ich immer wieder dann gestoßen worden, wenn eine Nachricht, ein Ereignis, ein Geschehen bei mir die Spontanreaktion hervorgerufen hat, die - laut ausgesprochen und politisch unkorrekt etwa so geklungen hätte: Das ist wieder typisch Isalm, die wollen wir hier nicht haben!

Das war bis vor wenigen Tagen so, bevor ich durch einen wunderbar klaren, kurzen und mich überzeugenden Artikel von Monika Maron im Spiegel-online vom 18. März gestoßen bin.
Ich habe ihn kopiert und
hier>> als *.pdf-Datei hinterlegt.

Mich hat dieser Artikel an den einzig verbindlichen Maßstab zur Beurteilung der Rolle und der Grenzen von Religionen erinnert: Ich lebe in Deutschland in einem säkularen Staat, eine Staat also, der am Ende einer 2.000 Jahre langen, blutigen Auseinandersetzung um Macht und Einfluss Kirche und Staat trennt - die unschätzbare Errungenschaft der französischen Revolution schlechthin.

Die Regeln des Zusammenlebens der Bürger sind in unserem Staat irdisch formuliert und dienen dem Zusammenleben der Bürger ohne Bevormundung durch und Unterwerfung unter überirdische Kräfte und deren selbsternannte Vollstrecker auf Erden.
In der Verfassung, im Grundgesetzt und in den daraus abgeleiteten Gesetzen, Verordnungen und Regeln sind die bürgerlichen Rechte und Pflichten gefasst.

Dieses Regelwerk bildet die letztverbindliche Grundlage für das richtige Verhalten der Bürger.

Zu den Rechten der Bürger gehören in diesem Kontext die Meinungs- und Religionsfreiheit, die Versammlungs- und Koalitionsfreiheit. Bürger können sich in Vereinen, Verbänden, vielerlei rechtlich determinierten Formen - auch in Glaubens- oder Überzeugungsgemeinschaften - zusammenschließen. Sie können als Gruppen handeln, ihre Überzeugungen öffentlich vertreten, ihre Interessen vortragen und Rituale praktizieren, so lange sie dabei nicht Gesetze übertreten.

Immer dort, wo kulturelle oder religiös determinierte Verhaltensweisen dem jeweils gültigen Rechtsrahmen widersprechen - das gilt nicht nur für Religionsgemeinschaften - ist es Pflicht des Staates, die Einhaltung des geltenden Rechts zu sichern und alle Bürger - auch die einzelnen Mitglieder von Glaubensgemeinschaften selbst - davor zu schützen, dass sie Regeln befolgen müssen, die gegen die unseres Staatswesens verstoßen. Überzeugungs- und Glaubensverhalten finden ihre Grenzen in den Regeln unserer Gesellschaftsordnung.

Als bekennender Atheist gehöre ich der mit knapp 35% größten Bevölkerungsgruppe der konfessionslosen Bürger in Deutschland an (jeweils ca 30% sind evangelische bzw. katholische Christen, knapp 5% sind muslimisch geprägt, die verbleibenden 0,6% teilen sich eine kaum überschaubare Anzahl weiterer Glaubensgruppierungen.)
Somit ist es für mich und vermutlich auch für die anderen konfessionslosen Bürger nicht erkennbar, weshalb geduldet werden soll, dass Vertreter religiös organisierter Minderheiten Sonder-Rechte für sich einfordern und eingeräumt bekommen, die mit ihren höchst privaten Glaubensüberzeugungen begründen.

Ich kann beispielsweise nicht einsehen, dass Christen das Recht haben, einen gefolterten Menschen in öffentliche Räume - und staatliche Schulen sind öffentliche Räume - aufzuhängen, weil sie eine Religion vertreten, deren Gott seinen Sohn zu Tode foltern lässt und den Gläubigen mit der Aussage, er habe seinen Sohn den Menschen geopfert, Schuld auflädt.
Folter ist verboten und darf nicht verherrlicht werden - Religion bietet kein Alibi mit aufhebender Wirkung.

Wäre ich Muslim, würde ich fordern, dass auch meine religiösen Feiertage allgemeingültig erklärt werden, wie die der Christen. Als Atheist bin ich gegen beides - ich will arbeiten dürfen und nicht bestraft werden, wenn ich den Feiertag einer der Religionen missachte.

Ich stimme auch nicht zu, dass unter Verweis auf eine Religion Tiere geschächtet werden, weil die archaischen Verhaltensweisen einiger Religionen diese Form des Tötens von Tieren vorschreiben, wenn dieses Tötungsverfahren aus guten Gründen generell verboten ist.
Ich kann nicht zustimmen, dass Mädchen in Deutschland zwangsverheiratet werden und das mit Verständnis für kulturell-religiöse Gepflogenheiten geduldet wird.

Die Liste religiös-kulturell begründeter Erwartungshaltungen kann man endlos fortsetzen - Religionen als Sammlungsbewegungen für irrationale Überzeugungen kennen erfahrungsgemäß keine Grenzen.

Gleiche Rechte und gleiche Pflichten für alle. Das ist der oberste Grundsatz unserer bürgerlichen Gesellschaft.

Ausnahmen aus religiösen Gründen kann und darf es nicht geben.

Nicht für Muslime und auch nicht für Christen, nicht für Juden, Buddhisten und Hindus.

Das ist für mich das Maß meiner Beurteilung von Anforderungen an unsere Gesellschaftsordnung aus religiös-kulturellen Überzeugungen.

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